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AbendSchöner

Zwischenton


 

 


Salzburg, Oktober 2018

Flucht – Der Song / Das Video

Die Szenerie: Der Ballettsaal des Landestheater Salzburg mit einem zurückhaltend eingesetzten Licht stimmungsvoll in Szene gesetzt. Ein klassischer Balletttänzer, mal mit Bart in einem überlangen Rock, mal ohne Bart und fast nackt (großartig der brasilianische Kammertänzer Flavio Salamanka). Und Rockpoet Wolfgang Abendschön singt und spielt mit prächtiger warmer Charakterstimme und mit seiner AKZENTE-Band, den Song „Flucht“ aus seinem Album „Buntzone“.

„Ich kenn nicht deine Sprache/ Weiß nicht, wer du bist/ Lass es uns probieren/ Ich freu mich auf dich/ Heimat bleibt dir treu/ War immer für dich da/ Vertraute Landschaft/ Gesichter/ Ein Lied/ Heimat lässt dich gehen/ Weiß alles von dir/ Wünscht dir Glück“. Das ist ein herrlich warmherziger Willkommenssong für alle, die es auf der Suche nach dem verlorenen Traum in eine andere Welt verschlagen hat, weil da, wo sie herkommen, „der Schnee blutrot ist.“ Aufbauend auf einen spannenden von den Trommeln gespielten Ostinato-Rhythmus, mit angerockten Gitarren, die mit orientalischen Einflüssen von Keyboards und Vocals interessant verwebt sind, strahlt der Song eine wunderbar zuversichtlich stimmende Melancholie aus. Er ist Ermutigung für alle, ohne Angst aufeinander zuzugehen und sich auf eine fremde Kultur und ihre anderen Farben zu freuen, ohne dabei die eigenen Wurzeln zu verleugnen. Er ist der Wunsch, dass es gelingen möge, dass diese andere Welt einmal zu einer zweiten Heimat wird. Und er ist ein starkes Statement für Liebe, Respekt und Toleranz, das - wohltuend - ohne erhobenen Zeigefinger auskommt. Ein faszinierendes Video voller Poesie, das lyrisch, musikalisch, tänzerisch verzaubert, vom Berliner Video- und Medienkünstler Haegar eindrucksvoll kreiert.

Flucht – Das Gespräch

Ein Gespräch mit dem Karlsruher Rockpoeten Wolfgang Abendschön, dem brasilianischen Kammertänzer Flavio Salamanka und dem Berliner Video- und Medienkünstler Haegar über ihr gemeinsames Video „Flucht“ zu dem gleichnamigen Song auf Wolfgang Abendschöns Album „Buntzone“.


Wolfgang Abendschön und seine AKZENTE-Band:
Wolfgang Abendschön: „Ich wollte, dass der Betrachter dem Tänzer nahe kommt,
dass man ihm in die Augen schauen kann, dass man sehen kann, wenn er schwitzt.“


"Elf Alben hatte es ja gedauert, bis im letzten Jahr Dein erstes offizielles Musikvideo „Wir trinken den Himmel aus“ zu einem Deiner Songs erschien. Jetzt folgt das zweite zu Deinem Song „Flucht“, der wie „Wir trinken den Himmel aus“ auf Deinem Album „Buntzone“ ist ...

Wolfgang Abendschön: Ja stimmt, das erste Video hat schon ein bisschen länger gedauert. (lacht) Ich will halt vor allem Songs schreiben. Und ein Song, das sind Musik und Text, das reicht. Musikvideos sind für mich eine eigenständige Kunstform. Vor einem Jahr hatte ich dann irgendwie auf einmal Lust, das auszuprobieren. Und weil es so viel Freude gemacht hat, voilá, jetzt gibt es das zweite Video.

Und wieder mit dem Video- und Medienkünstler Haegar …

Wolfgang Abendschön: Haegars Arbeiten strahlen eine ganz eigene spielerische Leichtigkeit aus, er lässt die Dinge oft einfach geschehen, vieles entwickelt sich bei ihm aus sich heraus, passiert, das gefällt mir. Und seine Kameraführung, die Schnitte, die haben Groove.

Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Kammertänzer Flavio Salamanka?

Wolfgang Abendschön: Flavio war viele Jahre Erster Solist des Badischen Staatsballetts unter Ballettdirektorin Birgit Keil in meiner Heimatstadt Karlsruhe, wo ich auch lebe. In dieser Zeit lernten wir uns kennen. Er war dann Gast in meiner Reihe „Zwischenspiele für die Seele“, die ich an der Kleinen Kirche Karlsruhe, der ältesten Kirche der Stadt, habe und tanzte da zu einigen meiner Songs, die ich live mit meiner AKZENTE-Band spielte. Die ehrwürdige Kirche platze an diesem Abend aus allen Nähten, die Besucher saßen auch auf dem Boden und auf den Trommeln unseres Schlagzeugers. (lacht) Flavio störte das nicht im Geringsten, seine brasilianische Seele musste an diesem Abend einfach tanzen. Es war ein magischer Abend, an dem wir uns spontan zu Fortsetzung folgt verabredeten.



Flavio, wie habt ihr den Song für Deinen Tanz ausgewählt?

Flavio Salamanka: Wolfgang überließ es mir, einen Song aus seinem „Buntzone“-Album für meinen Tanz auszuwählen. Ich habe mich dann für „Flucht“ entschieden. Der Song ist auf einem schönen Ostinato-Rhythmus aufgebaut, der von den Trommeln geprägt wird, während des ganzen Songs durchgehalten und nach hinten hinaus immer intensiver wird. Darauf hatte ich Lust. Auch hat der Song eine tolle Atmo. Und seine Thematik liegt mir am Herzen.

Du hast auch die Choreographie kreiert. Was war Dir dabei wichtig?

Flavio Salamanka: Ich wollte mich von der Energie des Songs, von der Geschichte, die er erzählt, von Wolfgangs Stimme packen lassen. Die Choreographie sollte aus diesen Elementen heraus entstehen, aus dem, was der Song, wenn ich ihn höre, in mir auslöst, mit mir macht. Und diese Emotionen wollte ich dem Publikum weitergeben.

Du tanzt in „Flucht“ an einem Tag mit Bart und sehr langem Rock und am anderen Tag dann ohne Bart und fast nackt?

Flavio Salamanka: Ich finde es schön, wenn jeder mit meinem Tanz, meiner Choreographie auf seine eigene Entdeckungsreise geht. Das ist doch viel spannender, als wenn wir uns diese Reise erzählen lassen. Ich möchte dem Publikum Raum für eigene Ideen geben.


Flavio Salamanka: „Ich finde es schön, wenn jeder mit meinem Tanz, meiner Choreographie auf seine eigene Entdeckungsreise geht.
Das ist doch viel spannender, als wenn wir uns diese Reise erzählen lassen.“


Ihr habt das Video vor allem in Salzburg am dortigen Landestheater gedreht …

Wolfgang Abendschön: Wir wollten das Video an einem Ort machen, der durch seine Schlichtheit ganz den Focus auf den Tanz ermöglicht. Da traf es sich gut, dass Flavio seit dieser Spielzeit am Landestheater Salzburg engagiert ist. Der Große Ballettsaal des Probenzentrum Aigen des Landestheater war genau das, was wir uns vorstellten. Er hat eine elegante zurückhaltende „Workshop-Architektur“ und sein professioneller Tanzboden bietet ideale Voraussetzungen für einen Balletttänzer. Na ja, und noch zu Salzburg, schon die Gedanken an Salzburger Nockerl oder eine Käsknödel-Suppe lassen einem ja das Wasser im Mund zusammenlaufen. (lacht) Auch war das Landestheater mit seinen lieben Menschen sehr gastfreundlich und meinte es gut mit uns.

Was war Dir wichtig?

Wolfgang Abendschön: Nachdem „Wir trinken den Himmel aus“ ja wenn man so will „Musikvideo“ pur war, ein Sänger, seine Band, der Song plus ganz kleinen Filmsequenzen, die einen Bezug zum Inhalt des Songtextes haben, wollte ich diesmal etwas ganz anderes machen. Mit einem klassischen Balletttänzer, der mit seiner Kunst den Song erzählt. Da hatte ich gleich an Flavio gedacht. Ich mag seine Eleganz, seine Ausstrahlung, und wie er seinen Tanz anlegt. Seine Entrechats, Pirouetten en attitude, les Grands jetés, etc. sind zwar mitreißend, aber er hat es nicht nötig, mit ihnen reißerisch Eindruck zu schinden. Und ich wollte, dass der Betrachter dem Tänzer nahe kommt, dass man ihm in die Augen schauen kann, dass man sehen kann, wenn er schwitzt. Im zweiten Teil des Songs sollte dann die Band dazu kommen. Das ganze sollte dabei unaufgeregt, weg vom Schrillen und Bunten in Szene gesetzt werden und auch nur mit einem unaufdringlichen Lichtkonzept.


Haegar: „Wolfgang berührt die Menschen mit seinen Songs, Flavio mit seinem Tanz.
Das ist das, worum es auch mir geht. Momente zu schaffen, die im Inneren bewegen … die das Herz bewegen.“


Haegar, wie gehst Du so ein Projekt an?

Haegar: Ich höre den Song, beobachte den Tänzer, frage mich, nach welcher Farbe klingen der Song, der Tanz, welche Bildsprache passt, welche Ästhetik. Und dann geht es los.

Wie sah das dann in der Praxis aus?

Haegar: Flavio hat ja am ersten Drehtag mit Bart und langem Rock getanzt. Und am zweiten Tag war er dann rasiert und nur mit einer kurzen Hose bekleidet. Ich habe zunächst die kompletten Durchläufe aufgenommen und dann mit Flavio dank meiner Steadycam regelrecht mitgetanzt. (Lacht) Ergänzend setzte ich auch eine Drohne ein, um über Flavio zu schweben. Die Band habe ich im Gegensatz zum Tänzer mit einer feststehenden Kamera aufgenommen, was in einem interessanten Gegensatz zur bewegten Kamera steht.

Und durch die besondere Art, wie Du hier „musikalisch und tänzerisch“ geschnitten hast, erzählst Du, wie ich finde, wunderbar den Song auf einer neuen Ebene …

Haegar: Oh danke. Der Ballettsaal hat eine große Spiegelwand, so bot es sich an, mit realer Spiegelung als auch beim Schnitt mit digitaler Überlagerung zu arbeiten. Ich habe den Clip zunächst als kompletten Durchlauf geschnitten. Mal so, wie er getanzt wurde, mal gedoppelt und gespiegelt, mal mit dem bärtigen Ich des Tänzers und seinem nackten Ich. Zwischen den original Tanzsequenzen und den bearbeiteten Sequenzen habe ich dann hin und her geblendet und das Ganze, wenn man es so nennen will, zur Story des Songs zusammengefügt.
Wolfgang berührt die Menschen mit seinen Songs, Flavio mit seinem Tanz. Das ist das, worum es auch mir geht. Momente zu schaffen, die im Inneren bewegen … die das Herz bewegen.

Und was steht bei Euch jetzt als nächstes an?

Wolfgang Abendschön: Eine leckere Käsknödel-Suppe und Salzburger Nockerl ...

Dann mal Guten Appetit und vielen Dank!
a r a




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